Länger als erwartet / 22.9.2020

Mit Vogelgezwitscher stehe ich auf. So wie es mir gestern genau erklärt worden ist, verlasse ich mein Zimmer. Das Bett abgezogen, Fenster geschlossen, Sessel ordentlich zum Tisch gestellt und keinen Müll hinterlassen. Das Frühstück mache ich mir im Jakobsstüberl. Kaffeemaschine samt Anleitung ist vorhanden, Brot steht am Tisch, und im Kühlschrank finde ich Butter, Schmelzkäse und Marmelade. Die Einfachheit gefällt mir. Bevor ich gehe, werfe ich noch meine Spende in die dortige Büchse. Es gibt keinen fixen Tarif, man zahlt was man für richtig hält.

Heute liegt ein weiter Weg vor mir. Trotzdem nehme ich mir noch die Zeit und schaue mir noch die Kirche an. Ein derartig imposantes Bauwerk würde man in dieser einsamen Gegend nicht vermuten. Sehenswert.

Meinen erstes Zwischenziel ist die Ruine Aggstein. Mächtig thront sie auf einem Felsen weit über dem Donautal. Ich überlege kurz sie mir genauer anzusehen, verwerfe die Idee aber wieder. Eine gerade angekommene Schulklasse sorgt für etwas Wirbel, dem ich lieber ausweiche. 

Es geht jetzt wieder bergab, dann bergauf und wieder bergab. Den Dunkelsteinerwald sollte man diesbezüglich nicht unterschätzen. Einige Höhenmeter kommen so auch zusammen. 

Bei der ehemaligen Karthause Aggsbach halte ich mich etwas länger auf. Dort gibt es eine sehenswerte Ausstellung, die ich mir ganz alleine in Ruhe ansehen kann.

Nun geht es wieder bergauf nach Wolfstein und durch das Raintal nach Gerolding, wo ich das erste mal eine Markierung übersehe. Der Umweg hält sich aber in Grenzen. Wieder am richtigen Weg gehe ich gedankenverloren weiter und übersehe prompt das zweite mal eine Markierung. Diesmal ist der Zeitverlust etwas größer, da ich ein Stück zurückgehen muss. Ich nehme mir vor, jetzt besser aufzupassen, was mir für den Rest der Wanderung auch gelingt.

Hilfreich bei der Orientierung sind auch markante Orte hilfreich, wie beispielsweise das schon von Berging aus sichtbare Schloss Schönbühel. Hier (in Berging) verlasse ich den Dunkelsteinerwald und gehe bergab zur Donau hinunter. Jetzt noch ein Stück am Radweg, dann biege ich nach Melk ab. Hier muss ich feststellen, dass offenbar nicht damit gerechnet wird, dass jemand zu Fuß den Ort erreichen will. Die Wegweiser sind für den Kraftfahrzeugverkehr ausgelegt. Trotzdem schaffe ich es bis zum Stift.

Für eine Besichtigung ist es mittlerweile schon zu spät, aber den Pilgerstempel bekomme ich noch. Zufrieden lasse ich den Tag bei einem kühlen Erfrischungsgetränk im Ort ausklingen. Die Etappe war weit länger als erwartet.

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Eine Nacht im Kloster / 21.9.2020

Heute geht die Fahrt in Richtung Osten, genauer gesagt nach Paudorf. Der flotte Railjet und ein langsamer Regionalzug bringen mich dorthin. Im Ort decke ich mich mit ausreichend Proviant für zwei Tage ein.

Mein erstes Ziel ist das auf einem 416 m hohen „Berg“ liegende Stift Göttweig. Der große Wegweiser neben einem schönen Rastplatz gibt mir mein Tagesziel mit 6 Stunden Gehzeit an. Da hab ich ja einige Kilometer noch vor mir. Daher halte ich mich nicht lange hier auf und setze meine Wanderung zur Donau fort.

Zwischen den Weingärten und einer kurzen Kellergasse schlängelt sich der gut markierte Weg nach Mautern. Der folgende Abschnitt neben der Straße ist zwar weniger attraktiv, dafür bekomme ich etwas vom Alltag mit. Wie überall wird auch hier am Ortsrand gebaut, während im Zentrum die kleinen Geschäfte schließen.

Gegen Mittag begebe ich mich auf historischen Boden in Form einer alten Römerstraße, die allerdings eher spurlos an mir vorübergeht. Interessanter ist da schon der schöne Ausblick von der Ferdinandswarte zur Donau.

Bevor ich nun in den mystischen Dunkelsteinerwald eindringe, gönne ich mir noch eine ausgiebige Rast an einer Wegkreuzung. Wie gerufen steht hier eine Bank und ich kann mich gemütlich ausbreiten.

Den Nachmittag verbringe ich im Wald. Es sind lange Wege, auf denen ich nach Maria Langegg gehe. Zwischendurch eine Aussicht, dann wieder ein Wegkreuz und sogar ein Gipfel (Schoberstein 618 m). Menschen treffe ich keine.

Ich habe mein Kommen im Kloster telefonisch angekündigt und werde sehr freundlich empfangen. Ein Ordensbruder zeigt mir die Räume (Waschraum, Jakobsstüberl, Kapelle und natürlich mein Zimmer). Ich bin der einzige Pilger im Kloster, und kann mich natürlich frei bewegen wie will.

Abendessen gibt’s im weltlichen Klosterstüberl. Sehr zu empfehlen die Nachspeisen und ganz besonders die Mohntorte.

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Der Ybbs entlang / 15.9.2020

Im großen Frühstücksraum fühlt man sich in eine längst vergangene Zeit zurückversetzt. Es ist wahrscheinlich die Kombination aus Mobiliar, Geschirr (Lilienthal) und Raumhöhe. Dazu passt auch die Freundlichkeit der Gastgeberin, ein ältere Dame die interessante Geschichten über das Haus erzählen kann. Und direkt neben dem Garten liegen auch noch die Schienen der aufgelassenen Schmalspurbahn von Waidhofen nach Lunz (heute eine Museumsbahn bis Göstling).

Ein Teil der Stecke wird mittlerweile anders genutzt. Sinnvollerweise wurde die alte Trasse nicht dem Straßenverkehr geopfert, sondern ein wunderbarer Radweg angelegt. Ein den natürlichen Gegebenheiten angepasster Verlauf, kleine Rastplätze und das gänzliche Fehlen von Steigungen machen als Radeln zum Vergnügen.

Nach Waidhofen ändert sich das Bild. Die Berge werden niedriger, die Ybbs ist kaum mehr zu sehen. Die Gegend ist jetzt auch viel dichter verbaut, leider nicht immer zum Vorteil. Der Lärm vom zunehmenden Verkehr macht mir die Entscheidung leicht, dass ich hier nicht bis Amstetten radeln will. Bei Kematen verlasse ich den Ybbstalradweg. Mein Plan: einfach in nordwestlicher Richtung radeln und irgendwo an der Westbahn einen Zug nach Hause besteigen.

Ohne genaue Karte sind einige Umwege praktisch vorprogrammiert. In Anbetracht des schönen Wetters nehme ich diese aber in Kauf, auch wenn ich manchmal wieder umkehren muss (besonders ärgerlich nach einem Anstieg). Auf diese Weise lerne ich auch einen Lagerplatz der Asfinag mit direkter Zufahrt auf die A1 kennen. So leicht könnte ich zum Geisterradler werden.

Kurz nach vier habe ich die lange Steigung nach Strengberg hinter mir. Zu meiner Überraschung ist die B1 wenig befahren, manchmal habe ich die Straße mehrere Kilometer für mich alleine.

Oberösterreich kommt näher und irgendwann auch der Gedanke bis nach Hause zu fahren. Der starke Rückenwind erleichtert mein Unterfangen und so schaffe ich tatsächlich auch noch die restlichen Kilometer. Beim Abstellen des Rades ein letzter Blick auf den Tacho: 145 km, ein persönlicher Rekord.

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Im Ötscherland / 14.9.2020

Die bisher erfolgreichen Tagesfahrten ermutigen mich nun eine länger Tour zu unternehmen. Mein Plan sieht so aus: mit dem Zug nach Pöchlarn. Von dort am Ötscherlandradweg nach Lunz am See. Am nächsten Tag am Ybbstalradweg nach Amstetten und von dort wieder mit dem Zug zurück.

Problemlos (trotz zweimal umsteigen) erreiche ich nach eineinhalb Stunden Fahrzeit den Bahnhof in Pöchlarn. Heute verwende ich zwei Packtaschen, damit das Gewicht besser verteilt ist. Viel Gepäck habe ich aber ohnehin nicht mit. Die gewichtigsten Teile sind das Fahrradschloss und das Ladegerät.

Auf einem schönen Radweg verlasse ich den Ort in Richtung Süden. Bei Erlauf wechsle ich auf eine wenig befahrene Nebenstraße und komme bald nach Wieselburg, wo meterhohe Bierkistenwände die Existenz einer bekannten Brauerei ankünden.

Eine Stadtrundfahrt steht nicht am Plan, dafür erkunde ich lieber auf einer ruhigen Nebenstraße die Gemeinde Wieselburg-Land, eine beschauliche Gegend geprägt von Wiesen, Feldern und gepflegten landwirtschaftlichen Betrieben. Und weit hinten ist erstmals der Ötscher zu sehen.

Nach Purgstall wechsle ich irrtümlich auf einen Schotterweg, was sich aber als Glücksfall herausstellt. Hier befindet sich nämlich die Erlaufschlucht, ein Naturdenkmal von internationaler Bedeutung.

Mittagspause in Scheibbs. Auf einer schattigen Bank mit Blick auf das gegenüberliegende Flußufer lässt es sich gut aushalten. Auch ein Wasserspender ist hier vorhanden, ein Service der Stadtverwaltung nicht nur für durstige Radler.

Die nächsten Orte sind Neubruck, Kienberg und Gaming, wo ich wieder eine kurze Pause einlege. Ich stärke mich nochmals denn jetzt kommt eine längere Steigung, die sich aber als harmlos herausstellt. Da ich bisher sehr sparsam unterwegs war kann ich es mir auch leisten mit stärkerer Unterstützung eine Rennradfahrerin zu überholen. Bei meiner Fotopause in Pfaffenschlag hat sie mich aber schon wieder eingeholt.

Ab jetzt geht es nur mehr bergab bis Lunz am See. Zum Glück habe ich schon gestern ein Zimmer etwas außerhalb reserviert, und so kann ich noch ohne Eile  bis zum sonnigen Ende des Sees radeln und anschließend im Zellerhof gemütlich die verbrauchten Kalorien auffüllen.

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Leere Kilometer / 12.9.2020

 
Mein langjähriger (Büro)Sitznachbar und ich bringen es auf über 70 Dienstjahre, doch seit März ist es vorbei mit dem gewohnten Arbeitsumfeld. Scherzhalber haben wir uns vor dem Lockdown noch mit den Worten "... wir sehen und dann im Herbst wieder ..." verabschiedet. Die Realität hat uns mittlerweile überholt. Den alten Alltag wird es so nicht mehr geben. Aufgeteilt in zwei örtlich und zeitlich getrennt arbeitende Gruppen haben wir uns aus den Augen verloren.

Also beschließe ich - vom Erfolg meiner Radtour zu einer Arbeitskollegin beflügelt -  einen Überraschungsbesuch zu wagen. Allerdings habe ich diesmal die Rechnung ohne dem Wirt gemacht. Entgegen sonstiger Gewohnheit hat er gerade an diesem Samstag Nachmittag fünf Minuten vor meiner Ankunft sein Haus in Grieskirchen verlassen. Vielleicht hätte ich doch vorher anrufen sollen.

Also leere Kilometer? Mitnichten, würde mein Kollege Herbert M. sagen. Ich nutze die Gunst der Stunde und das schöne Wetter und radle in einem weiten Bogen über Pollham, St. Thomas, Prambachkirchen zum Aschachtal. Durch dieses dann ständig leicht bergab bis nach Hilkering und weiter nach Aschach.

Die letzten Kilometer am südlichen Donauufer sind dann schon fast ein Heimspiel, denn hier kenne ich beinahe jedes Schlagloch. Trotzdem ist es immer wieder anders, von leeren Kilometer weit entfernt.

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Minikreuzfahrt / 9.9.2020


Zu meinen bevorzugten Mittel der Fortbewegung (Rad, Zug, zu Fuß) kommt heute noch eine neue dazu: das Schiff.

Zuerst radle ich zum Bahnhof, keine große Herausforderung, zumal es vorwiegend bergab geht. Dann mit dem Zug nach Grünau. Eine gemütliche Einstimmung auf die bevorstehende lange Wanderung.

Als einziger Fahrgast steige ich bei der Endstation aus, fülle dort noch die Wasserflasche und gehe los. Erstes Ziel ist der Zwillingskogel, ein schöner Aussichtberg und gleichzeitig auch mein erste Rastplatz. Dank der trockenen Luft ist die Fernsicht heute wieder ausgezeichnet, was sich im Laufe des Tages mehrmals noch bestätigt.

Den nun folgenden schönen Abstieg bis zum Durchgang kenne ich bereits vom letzten Jahr, anschließend betrete ich Neuland. Auf einer leicht fallenden Forststraße (mit 411 bezeichnet) gehe ich in Richtung Mairalm. Bei einer Spitzkehre ignoriere ich die Markierung und steige zum Gassnersteig auf.

Wenig später stehe ich auf der Hohen Scharte. In der irrigen Meinung, dass der Katzenstein bereits in greifbarere Nähe ist, beschließe ich noch schnell auf den Gipfel zu steigen. Dabei hätte schon ein kurzer Blick auf die Karte gereicht um festzustellen, dass es doch noch 300 hm bis hinauf sind. In Anbetracht der noch benötigten Zeit für den Abstieg drehe ich wieder um.

Schneller als erwartet erreiche ich den Laudachsee, ein beliebtes Ausflugsziel, was an der großen Anzahl von Tagesausflüglern zu erkennen ist. Das ändert sich aber bald beim Abstieg zum Traunsee. Hier bin ich wieder alleine.

Hoisn, das dortige Gasthaus ist sehr gut besucht. Ich ziehe aber einen Einzelsitz bei der Schiffsanlegestelle vor. Äußerst gemütlich verbringe ich hier die kurze Wartezeit bis zum Beginn meiner Kreuzfahrt.

Pünktlich legt das Motorschiff "Karl Eder" ab und steuert das gegenüberliegende Ufer an. Die Kulisse ist einzigartig und ändert sich ständig. Nach zwei kurzen Zwischenstopps (Altmünster und Grünbergseilbahn) legt das Linienschiff beim Rathausplatz in Gmunden an. Dann Umsteigen in die moderne Straßenbahn zum Bahnhof, weiter mit REX und Railjet, also das volle Programm an Öffis. Die letzten Kilometer lege ich wieder mit eigener Kraft zurück.

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