Eiskapelle / 21.5.2016



Da ich immer noch nicht ganz fit bin, werde ich heute etwas "leiser treten", mir schwebt da eine Kombination aus wenigen Höhenmetern mit vielen Pausen vor. Dafür hab ich eine Wanderung ausgewählt, die aus einem bestimmten Grund nur im Frühling empfehlenswert ist: die Eiskapelle im östlichen Sengsengebirge. Die dort befindlichen Eissäulen sind je nach Temperatur bis in den Frühsommer vorhanden, beim diesjährigen Winter vermutlich aber nicht so lang (oder gar nicht).

Bei Prachtwetter starte ich beim Haslersgatter und beginne mit einem kurzen Bergabstück zur Rumpelmayrreith. Am Ende der Alm zweigt der unmarkierte Weg links ab. Es geht nun vorerst flach, später aber etwas steiler bis zu einer markanten Rinne auf etwa 1400 m Höhe, wo der Steig zur Höhle abzweigt. Die Schlüsselstelle kommt gleich am Anfang, nämlich die Querung der besagten Rinne (bei Nässe nicht zu empfehlen). Es folgt eine Querung und ein Abstieg von etwa 70 Meter bis zum Höhleneingang, wo mich eine angenehme Kühle empfängt.

Ausgerüstet mit Pullover, Kamera und Stativ steige ich vorsichtig in die riesige Halle hinunter (etwa 60 Meter lang, 30 Meter breit und 6 Meter hoch). Wie befürchtet liegen hier aber nur mehr Eisreste herum, wohl eine Folge des viel zu warmen Winters. Nachdem sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben, erkenne ich im hinteren Teil ein eigenartiges Gebilde, was sich bei näherer Betrachtung als kleine Eissäule herausstellt. Im Schein der Lampe mache ich einige Fotos und übersehe dabei vollkommen, dass ich schon ganz klamme Finger habe. Ich steige rasch ins Freie und nach einer kurzen Aufwärmphase später nochmals in die Höhle (diesmal aber mit Winterbekleidung). Erwähnenswert sind auch noch das Höhlenbuch sowie eine kleine Statue des hl. Antonius.

Durchgefroren beende ich gegen Mittag meine Erkundung und gehe wieder zum "Hauptweg" zurück. Es folgt der Aufstieg auf einem gut sichtbaren Steig bis zum Latschengürtel, wo eine ausgeschnittene Gasse beginnt. Diese sollte man keinesfalls verfehlen, ansonsten ist hier ein Durchkommen unmöglich. Kurz vorm Gipfel mache ich noch die Bekanntschaft mit einer Kreuzotter, die sich auf einem dicken Ast direkt am Weg sonnt.

Mit Erreichen des Steyrecks habe ich nun alle Gipfel des Sengsengebirges bestiegen (natürlich ohne künstlichen Sauerstoff). Auf Grund dieses Erfolges gönne ich mir eine extra lange Mittagspause. Ausgerastet setze ich am frühen Nachmittag meine Rundwanderung fort. Mein nächstes Ziel ist die Mayralm, wo ich beim sog. Jägerkreuz nochmals eine längere Pause einlege. Was sich hier im Okt. 1923 abgespielt hat, kann man übrigens nachlesen (Geschichten aus der Region des Nationalpark Kalkalpen, Josef Weichenberger, Seite 81 – 83).

Am späten Nachmittag verlasse ich das weite Almgelände und steige zum Bloßboden ab, wo ich wenig später – abseits des markierten Weges – zu einem schönen Ausgangspunkt gelange. Von hier ist es schließlich nur mehr ein Katzensprung bis zum Ausgangspunkt. Für diese gemütliche Wanderung (12,7 km und knapp 800 HM habe ich mir heute 9 Stunden Zeit gelassen).

Erkenntnis des Tages: man soll auf seinen Körper horchen und nichts übertreiben.