Retroexpress / 11.11.2021

In Grünau steige ich aus dem warmen Zug, den ich ab jetzt den Retroexpress nenne. Die Fahrt ist wie eine Zeitreise ins vorige Jahrhundert. Die Strecke ist sehr kurvig und mit vielen unbeschrankten Bahnübergängen gespickt. Das laute Pfeifsignal ist ein ständiger Begleiter, so wie der unüberhörbare Dieselmotor. Apropos Begleiter: da ich gegen den Pendlerstrom fahre, habe ich den Zug fast für mich allein.

Die Wanderung auf den Zwillingskogel, um die geht es heute, hat für mich den wesentlichen Vorteil, dass ich gleich bei der Bahnstation den Aufstieg beginnen kann.

Ich gehe im Nebel. Es herrscht eine mystische Stimmung im Wald. Manchmal schimmert es etwas heller zwischen den Bäumen hindurch, doch kurz darauf ist es wieder grau in grau. Kaum zu glauben, dass über der Nebeldecke die Sonne scheint. Aber wo ist die Grenze? Ich hoffe weit unter der Gipfelhöhe.

Und plötzlich wird das Licht bläulich und nur wenige Meter später stehe ich in der Sonne. Der Höhenmesser zeigt 800 m an.

Aber es ist nicht nur sonnig, sondern für die Jahreszeit sehr warm. Ein Thermometer am Gipfel zeigt 12° im Schatten an. Eine lange Gipfelrast ist die logische Folge. Damit ändert sich aber auch mein Plan, da mir die Stunde Pause natürlich irgendwo fehlt. Konkret wäre das ungefähr die Aufstiegszeit vom Durchgang auf das Steineck gewesen. Auf diesen Gipfel muss ich heute aber verzichten.

Vom Durchgang steige ich in 1½ Stunden zur Haltestelle Kothmühle ab. Der Temperaturabfall ist richtig spürbar und schließlich bin ich froh, wieder in den alten Retroexpress einsteigen zu können. Der hat nämlich noch keine Klimaanlage, sondern eine richtige Heizung. Ich schließe die Augen und verlasse dösend das Almtal.

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